Die Kufiya: Mehr als nur ein Tuch

Viele Menschen aus aller Welt kennen es, haben es zumindest schon einmal irgendwo gesehen oder tragen es sogar selbst. Für Palästinenser ist es jedoch nicht nur ein Kleidungsstück, dass sie wie jedes andere betrachten. Hinter dem sogenannten „Palästinensertuch“ steckt mehr – eine Geschichte, ein Nutzen, ein Identifikationsmittel.

Eigentlich heißt es auch nicht „Palästinensertuch“. Das ist mehr eine vereinfachte Beschreibung eines Kleidungsstücks als palästinensische Realität. Der arabische Name dafür ist „Kufiya“ oder „Keffiyeh“. Unterschiedlichste Schreibweisen, denen man hin und wieder begegnet, ergeben sich ganz einfach durch die Übertragung der arabischen Schriftzeichen in die uns bekannten lateinischen.
Diese traditionellen palästinensischen Tücher werden darüber hinaus auch oft als Hatta, Schemagh, Palituch oder als Arafat Schal bezeichnet.

Kufiya traten bereits vor Jahrtausenden bei den Sumerern und Babyloniern in Mesopotamien in Erscheinung, wo sie als eine Art Statussymbol dienten. Später dienten sie Arabern als Schutz gegen Sandstürme sowie Bauern als kostengünstiger Sonnenschutz bei ihrer Feldarbeit an heißen Tagen. 

Abgesehen von den diversen Farben und Mustern, die sich in ihrer Bedeutung und Herkunft unterscheiden, ist die schwarz-weiße Kufiya die wohl bekannteste. Sie ist auch die Version, die meist in Palästina getragen wird und steht in ihrer Bedeutung für die Widerstandsfähigkeit der Palästinenser sowie den Widerstand gegen die jahrzehntelang bestehende israelische Besatzung. Diese politische Bedeutung entstammt der Zeit unter der britischen Mandatsherrschaft nach dem Ersten Weltkrieg. Speziell um 1936 während der arabischen Revolte nutzten Palästinenser das Tuch um ihre Identität zu schützen. Als die Briten das Tragen der Kufiya verboten hatten, trug sie die palästinensische Bevölkerung jedoch noch häufiger, um den britischen Einsatzkräften die Verfolgung von Widerstandskämpfern zu erschweren.

Bekannt wurde die palästinensische Kufiya vorrangig durch einen Mann, der die Geschichte des Landes nachhaltig geprägt hat und als Widerstandskämpfer weltweit Bekanntheit erlangte – Yasser Arafat. Es gab wohl kaum einen öffentlichen Auftritt des Vorsitzenden der PLO (Palestinian Liberation Organization), in dem er keine Kufiya trug.

Das Palästinensertuch ist heutzutage ein Symbol der Liebe zu Palästina, der faszinierenden Kultur, aber auch ein Zeichen des politischen Statements. Menschen aus aller Welt tragen es entweder, um ihre Solidarität mit den Palästinensern auszudrücken oder weil ihnen ganz einfach das Design gefällt.

Trotz der weltweiten Verbreitung ist es tatsächlich so, dass mittlerweile nur mehr eine einzige Fabrik in Palästina übrig geblieben ist – die der Familie Hirbawi in Hebron. Vor rund 50 Jahren gab es noch mehr als dreißig palästinensische Hersteller, aber durch die stagnierende Wirtschaft und billig produzierende Konkurrenten in Asien wurden alle damals vorhandenen vor große Herausforderungen gestellt. Die Hirbawi Fabrik hat als einzige überlebt und stellt seit ihrer Gründung 1961 ihre Tücher auf traditionelle Art und Weise her. Von fünfzehn bestehenden Maschinen zur Herstellung sind jedoch lediglich mehr vier im Einsatz. Um sich am Leben zu halten, verkauft die Fabrik nun auch Tücher in verschiedenen Farben und Designs.